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Haushühner | Nachhaltig leben und einkaufen | Massentierhaltung | Käfigeier in Lebensmitteln

Bio-Eier stammen aus Massentierhaltung

Die deutschen Verbraucher lieben Eier. Ob zum Frühstück, als Osterei oder in verarbeiteter Form in Kuchen, Teigwaren und Co. Dies drückt sich auch in Zahlen aus: Im Jahr 2017 wurden in Deutschland mehr als 12 Milliarden Eier produziert (und für diese Zählung wurden nur Betriebe mit mehr als 3.000 Legehennen berücksichtigt, die Zahl dürfte also noch weit höher ausfallen).

So stellt sich der Verbraucher sicherlich keine Bio-Haltung vor. Foto: Jan Peifer

Aus Tierschutzsicht sehr erfreulich ist dabei ein struktureller Wandel. Denn mit der Einführung des Eierstempels und dem Verbot der klassischen Legebatterie ist die Käfighaltung von Hühnern immer weiter zurückgedrängt worden. 2017 war sie erstmals die Haltungsform mit dem kleinsten Anteil an der Gesamterzeugung: lebten 2007 noch knapp 68% der Hühner im Käfig, waren es 10 Jahre später weniger als 10%. Mit diesem Wandel einher ging auch eine Veränderung des Bewusstseins der Verbraucher. Käfigeier werden nicht mehr nachgefragt, fast ausschließlich werden sie heute als sogenannte versteckte Eier in Backwaren oder Nudeln verkauft.

Rund 12% der Konsumenten greifen laut aktuellen Studien zum Bio-Ei, bei durchschnittlich 230 verbrauchten Eiern im Jahr 2017.

Und so konnte die ökologische Erzeugung in Vergleich der letzten 10 Jahre ihren Marktanteil verdoppeln, im vergangenen Jahr lag dieser erstmals über dem Anteil der Käfigeier. Die Eierproduktion und insbesondere die Legebatterien sind seit vielen Jahren ein hoch emotionales Thema, nicht nur unter Tierschützern. Die Einführung des Eierstempels und später das Verbot der Batteriehaltung zählen für viele von ihnen zu den größten Erfolgen der letzten Jahrzehnte. Auch heute ist der Kauf von Bio-Eiern für viele Konsumenten vor allem eine deutliche Absage an andere Haltungsformen.

Wichtige Motive beim Kauf von Bio-Eiern sind das gute Gefühl, artgerechte Haltung zu unterstützen, darüber hinaus kleinere Betriebe zu fördern und insgesamt verantwortungsvoller zu konsumieren. Leider sind diese Argumente nicht immer zutreffend, wie eine aktuelle Recherche in Brandenburg zeigt.

Mit der steigenden Nachfrage nach Bio-Eiern wächst der Bedarf. Viele Bio-Eier werden aus den Niederlanden importiert, und auch bei uns werden sie in immer größeren Mengen produziert. Gemäß dem EU-Biosiegel dürfen pro m2 Stallfläche sechs Hühner gehalten werden (in der Bodenhaltung sind es neun Tiere, in der Fleischmast deutlich mehr).

Insgesamt darf die Besatzdichte eines Stalls bis zu 3.000 Tiere betragen.

Doch um größere Produktionsmengen zu erzielen, bediente sich nicht nur der Brandenburger Farmer eines einfachen, aber höchst wirksamen und dabei auch noch legalen Tricks. Mit dem Einsatz von Etagen im Hühnerstall konnte er die erlaubte Anzahl von Tieren pro m2 einfach verdoppeln, mit dem Einbau von Zwischenstellwänden in der Stallanlage aus einem Stall einfach mehrere machen. So lag die Besatzdichte bei fast 40.000 Tieren pro Halle. Zwar hatten diese Zugang zu der laut Siegel vorgeschriebenen Freilauffläche – doch Hühner sind von Natur aus Fluchttiere mit einem engen sozialen Bezug zu ihrer Herde, die nicht mehr als 50 bis 100 Tiere betragen sollte. In den Massenställen hingegen versuchen sie sich zu verstecken, die Auslauffläche bleibt ungenutzt und verkommt.

90% der Eier aus Brandenburg, dies ergab die Recherche, stammen aus solchen Ställen und damit der Massentierhaltung. Zwar hat mittlerweile die EU-Kommission klargestellt, dass die Höchstgrenze von Hühnern tatsächlich für einen ganzen Stall und nicht nur für ein abgegrenztes Abteil gelten muss. Ob und welche Auswirkungen diese Feststellung für die Brandenburger Hühner hat, ist jedoch ungewiss.

Dass auch die Biohaltung, in der Eierwie auch in der Fleischerzeugung, ihre Schattenseiten hat, ist für viele Tierfreunde nicht neu. Einige greifen zu Produkten, deren Zertifizierung über das EU-Biosiegel hinausgeht, wie etwa demeter oder Ökoland. Diese Verbandssiegel werden nach deutlich strengeren Regeln vergeben, allerdings insgesamt auch in kleinerem Umfang. Verkauft werden sie hauptsächlich in Bioläden und Reformhäusern. Zudem sind sie derzeit etwa doppelt so teuer wie ein Bio-Ei vom Discounter. Aber auch das strengste Siegel kann nicht verhindern, dass für eine große Nachfrage viele Tiere benötigt werden. Und nicht nur die Legehennen leiden unter Stress und Enge in großen Ställen. Weil sie für die Eierindustrie wertlos sind, werden jedes Jahr Millionen männlicher Küken direkt nach dem Schlüpfen vergast oder geschreddert, auch für die Produktion von Bio-Eiern.

Wer also keine eigenen Hühner im Garten hält und von ihnen ab und an ein Ei bekommt, sollte sich beim nächsten Einkauf vielleicht noch etwas mehr Gedanken machen. Denn das Biosiegel verkauft ein gutes Gewissen, doch über den Preis sollten sich Verbraucher bewusst sein.

Jan Peifer